Baba Joe


Baba Joe ist ein sehr spezielles Pferd. Ein unglaublicher Charakter. Immer für eine Überraschung gut. Mit vier Jahren bekam ich ihn als Geschenk zu meinem 50. Geburtstag. Personen aus meinem Bekanntenkreis hatten zusammengelegt und ihn gekauft, um ihn aus den Misshandlungen zu retten, denen er durch seine Vorbesitzerin, die sein ungewöhnliches Wesen nicht verstand, ausgesetzt war.

 

Baba Joe ist ein Pferd, das sich nicht unterwirft. Man könnte ihn  totschlagen, lieber würde er stolzen Hauptes sterben, als zu tun, was man von ihm verlangt- insbesondere wenn es nicht gerechtfertigt ist. Dennoch kann man mit ihm hervorragend kooperieren. Man muss jedoch seine Meinung ebenfalls akzeptieren. Auch versteht er, wenn man etwas aus Sicherheitsgründen verlangt – einfach weil es in diesem Moment absolut notwendig ist.

Wenn man von ihm jedoch nur Gehorsam abverlangt um des Gehorsams willen, versteht er das nicht.

Ich kann das sehr gut nachvollziehen und bin wohl ganz ähnlich gestrickt.

 

Er hat gelernt – durch die Misshandlungen in den frühen Jahren – auf Aggression zu reagieren.

Wenn ich ihm etwas aus Wut abverlange, dann macht er das nicht. Er war von daher ein wunderbarer Lehrmeister darin, die Gefühle zu checken und auch, aus welcher Motivation heraus ich etwas mache.

 

Verlange ich dem Pferd etwas ab, weil ich es für absolut wichtig halte oder vielmehr, weil ich glaube, ein Pferd müsse das tun.

 

Baba Joe hat mir von daher auch gezeigt, dass man bestimmte Sachen im Leben möglicherweise bereits zur Genüge getan hat und von daher diese Dinge nicht mehr tun muss.

 

So wurde er als Western-Pferd bereits mit weniger als drei Jahren über die Maßen Longiert. Insbesondere das bei der Westernreiterei typische Galopp – Anhalten wurde bis zum Abwinken geübt. Der kleine Kerl lag danach dann jeweils völlig nass geschwitzt in seiner Box, an der ein großes Schild angebracht war, dass man ihm nichts füttern dürfe und sich der Box nicht nähern. Heimlich, wenn ich wusste, dass die Besitzerin nicht um die Ecke kam, hab ich ihm dann ab und an was zugesteckt.

 

Als wir ihn aus dieser Notlage heraus kauften, war er zunächst derart verstört, dass er nicht wie ein normales Pferd mit einem auf die Koppel ging – er blieb stehen und man konnte auf ihn einschlagen (was ich natürlich nicht wollte) – er bewegte sich nicht. Das provoziert jeden Pferdemenschen ungemein – und bald wusste auch ich nicht mehr, was tun.

 

Oft erreichten wir die Koppel rückwärts, das ging irgendwie, wenngleich auch das nicht ganz einfach war.

 

Nach einiger Zeit stellten sich bei Baba Joe merkwürdige Symptome ein – ein Zittern der Vorhand, das schließlich so schlimm wurde, dass auch der Rücken total verspannte und er sich immer wieder hinlegen musste.

Symptome ähnlich denen des Kreuzverschlages.

 

Es war ein jämmerliches Bild, dieses stolze Pferd so zu sehen.

Ich setzte mich zu ihm in die Box, nahm seinen Kopf auf meinen Schoss und betete, dass es ihm besser gehen möge.

 

Es zeigte sich, dass er an PSSM litt, der polysacchariden Speicherkrankheit. Viele stark bemuskelte Rassen leiden darunter. Man hatte anfangs versäumt, die Hengste zu überprüfen und auch bei Baba Joe muss es vererbt worden sein. Mittlerweile steht bei diesen Rassen dann immer dabei: PSSM frei – es wird jetzt natürlich ausführlich geprüft, denn ähnlich wie bei Ekzemerpferden ist es recht kompliziert ein solches Pferd zu halten.

 

Nach noch zwei weiteren Schüben und dem damit verbundenen Bangen ums Überleben hat sich unsere Beziehung extrem verändert. Wenn du neben deinem Pferd gesessen hast – seinen Kopf im Schoss und deine Tränen auf es nieder tropften, dann entsteht eine Verbindung, die alles verändert.

 

So lief Baba Joe plötzlich ganz brav hinter mir her – wie ein Hündchen. Ganz anders als das zuvor sehr eigenwillige Pferd. Nicht dass er gänzlich seinen Willen verloren hätte – keinesfalls. Wenn ihm etwas nicht passt, kann er das immer noch deutlich kommunizieren.

Aber da unsere Beziehung so innig geworden war, war plötzlich alles gewandelt.